Integration

 

Was versteht man unter Integration?

Integration bedeutet u.a. die Wiederherstellung eines Ganzen durch Abläufe, die das Verhalten und Bewusstsein nachhaltig verändern. Integration kann einerseits zwischen einzelnen Individuen gegenüber Gruppen, andererseits zwischen Gruppen, Schichten, Kulturen und Klassen innerhalb einer Gesellschaft untereinander und weiter noch zwischen verschiedenen Gesellschaften stattfinden. Ziel jeglicher Integration ist die Bildung neuer sozialer Strukturen und sozialer Ordnungen.

Es handelt sich dabei nicht nur um eine reine Assimilation (völlige Anpassung) an ein bereits bestehendes 'Ganzes', sondern um die kombinatorische Schaffung eines neuen Ganzen unter Einbringung der Werte und Kultur der aussen stehenden Gruppe in die neue Gesellschaft, bei Erhalt einer eigenen 'Identität'. So könnten beispielsweise Immigranten in eine Kultur integriert werden oder aber auch Menschen mit Behinderung in das Regelschul- und Arbeitssystem.

Die "eingliedernde" Kultur bleibt unverändert und verlangt von den Zuwanderern Anpassung an die vorgefundene Kultur. Die Zuwanderer sollen ihre Fremdheit ablegen und sich unauffällig integrieren. Die Anpassungsleistung liegt allein beim Individuum.

Quelle: Wikipedia

 

Wie ist das nun in Suhr?

  • Sind die Zuwanderer integriert?   
  • Gibt es Probleme?      

 




Interview mit Herrn Georg Mayer

Georg Mayer beschäftigt sich seit langem mit der Suhrer Geschichte. Er hat sich netterweise zur Verfügung gestellt, mir folgende Fragen zu beantworten:


Herr Mayer, Sie kennen die Familiengeschichten von Suhr prima. Welchen Familienstammbaum finden Sie am interessantesten, warum?

Ich finde zwei Familiengeschichten besonders interessant. Die der Hallauer- und der Gysi-Sippe, weil sie sich in der gleichen Zeitspanne um 1600 in Suhr niederliessen und dort noch heute Nachkommen dieser Familien leben.

Mitglieder aus beiden Familien haben zusammen 1610 in Suhr den Gasthof Kreuz erbaut,  welcher noch heute besteht und in Betrieb ist. Hans Gysi, welcher der Bauherr des Gasthofs war, hat 1633 auch entscheidend als Untervogt von Suhr zum Bau des ersten Schulhause in Suhr beigetragen.

Gab es vor 100 Jahren schon Ausländer in Suhr? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie wurden sie behandelt, soweit man das heute weiss?

Sicher ja, aber nicht viele. Aus der ersten Volkszählung von 1850 sind einige Flüchtlinge aus Süddeutschland namentlich bekannt, welche hier als Taglöhner arbeiteten. Suhr hatte in dieser Zeit 1430 Einwohner.

In welcher Zeit sind am meisten Ausländer nach Suhr gekommen? Wissen Sie warum?

Nach dem Zweiten Weltkrieg, als nach 1960 der Bauboom in Suhr begann und
besonders auch in den letzten Jahrzehnten wurden viele ehmalige Flüchtlinge und Arbeitkräfte für das Bauhandwerk und die Betriebe eingestellt. Heute leben gegen 20 % Ausländer in Suhr.

     
Wie wurden diese Ausländer von den Suhrern behandelt? Was waren früher die grössten Probleme, die man mit Ausländern hatte?

Das ist ganz unterschiedlich, doch leider ist für die Zeit vor 1900 wenig Schriftliches erhalten. Man liest über umherziende Bettler, welche vertrieben oder in die Burgverliesse gesperrt wurden. Von den Ausländern, welche sich integrierten, ist kaum etwas notiert worden. Als Beispiel berichte ich hie hier von einer Familie, welche von einem Ausländer (Deutscher) abstammt, der als junger Wandergeselle (Schmied) nach der Lehre von Land zu Land zog um sich weiter ausbilden zu können.
Es war etwa 1580,  als er bei einem Schmied namens Hilfiker in Muhen Arbeit und Wohnrecht fand. Er fand Gefallen an Barbara, des Meisters Tochter und heiratete sie.
Er baute, vermutlich mit Hilfe des Schwiegervaters in Suhr ein Haus mit Schmiede. Da er nun verheiratet war und ein Haus besass, durfte er sich 1598 einbürgern.
Er wurde von der damaligen Herrschaft, der Berner Stadtregierung in das Landrecht aufgenommen. Die Familie wuchs und vermehrte sich, noch 1896 stand  eine  Schmiede am gleichen Platz an der Oberen Dorfstrasse (wo heute das ehemalige Kino steht) und wurde von einem Nachkommen des ersten Schmiedes betrieben.
Der Familiennamen ist Weiersmüller, es gibt in Suhr noch heute einige Familien diese Namens, doch viele sind weggezogen, auch ins Ausland. Aber alle Weiersmüller in der Schweiz stammen aus Suhr.
Die Familie hat sich voll integriert und Suhr ist seit über 400 Jahre ihre Heimat.

 Gehen Sie selber gerne ins Ausland (z.B. in die Ferien)?

Natürlich, als ich jünger war, reiste ich gerne ins Ausland um fremde Menschen und Kulturen kennen zu lernen.

Was meinen Sie zu den Ausländern, die heute in Suhr leben?

Das ist schwierig zu beantworten, es kommt sehr auf die einzelne Personen an. Jene, welche die Landessprache verstehen und integriert sind, leben wie wir Schweizer hier in guten Einvernehmen mit den Alteingesessenen. Jedoch jene, welche sich absondern und sich nicht die Mühe nehmen die Landessprache zu lernen, stossen an und finden unter den Einheimischen keine Freunde.

 Haben Sie selber schon Probleme mit Ausländer gehabt?

Nein praktisch nie, als ich noch berufstätig war, hatte ich viel mit Ausländern zu tun, aber nur selte Anstände.

Was wäre Suhr ohne Ausländer?

Viele Betriebe, wie Migros, Pfister oder Grundmann und andere mehr hätten grosse Probleme, um genügend Arbeitskräfte zu finden.

Gibt es aus Ihrer Sicht bei den Ausländern, die in Suhr leben, Unterschiede zwischen jenen von früher und jenen von heute?

Die Ausländer, welche früher kamen, stammten vielfach aus Nachbarländern der Schweiz. Ihre Kultur und Lebensweise stand unserer näher. Die heutigen Ausländer kommen vom Balkan, der Türkei und sogar aus Asien und Afrika. Ihre Lebensweise ist uns ungewohnt und zum Teil unverständlich. Ein grosses Problem für die Integration ist, dass viele unsere Sparche nicht verstehen. Sie können Vorschriften, Hausregeln und Gesetzte weder lesen noch verstehen. Das gibt Anlass zu Missverständnissen und Abgrenzungen.

Finden Sie, dass die Ausländer heute gut integriert sind? Wenn nein, was müsste man noch verbessern?

Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt solche, die sich bemühen, hier gut integiriert zu sein und solche, die keine Beziehung mit dem Gastland wünschen. Viele von diesen bemühen sich leider nicht, die deutsche Sprache zu lernen. Sie machen bei keinem Verein mit und wollen sich nicht an die Regeln des Gastlandes halten. Dies führt zu Spannungen zwischen Fremden und Einheimischen. Das finde ich sehr schade.

 

Nach dem Interview bedankte ich mich ganz herzlich bei Herrn Mayer und er schenkte mir sogar ein Buch, das heisst  "Die Kirchengeschichte Suhr". Dieses Buch wurde von ihm zusammen mit dem Historiker
Markus Widmer geschaffen
und hat sehr schöne Bilder drin!

Besten Dank, Herr Mayer für die interessanten und vielen Ausführungen!